Weg von zuhause, zu Fuß unterwegs.
Mühsam einen langen Weg gehen,
weil es so gefordert ist.
Nicht wissen, ob alles klappt wie geplant.
Vertrauen darauf, dass alles gut wird.
So kann man die Geschichte von Weihnachten auch beschreiben. Die Geschichte, die so viel mit der unsrigen heutigen schwierigen Zeit gemeinsam hat.
Sich vom Vertrauten lösen, sich auf den Weg machen an einen Ort, an den man gehen muss, weil es so vorgegeben ist. So erging es auch Maria und Josef. Auch sie mussten sich auf den Weg machen. Zu Fuß von ihrem Wohnort, von der Geborgenheit ihres Zuhauses hin nach Bethlehem. Und das, weil es etwas gab, was es noch nie gegeben hatte: eine Steuerliste, in die sich jeder eintragen lassen musste und das auch noch genau an dem Ort, woher man stammte. Das war neu und zum ersten Mal der Fall. Und es gab auch keine Ausnahmeregelung. Daher gingen Maria und Josef los, obwohl Maria hochschwanger war. Sie wussten, dass sie an diesem Tag nicht mehr zurück nach Hause kommen konnten, denn der Weg war weit und sie konnten sich nur mühsam und sehr langsam fortbewegen und sie würden daher in Bethlehem übernachten müssen.
Doch auch nachdem sie ihrer Pflicht nachgekommen waren, wurde es nicht besser, denn alle Unterkünfte waren ausgebucht und es blieb nur noch ein Stall übrig, in dem sie bleiben konnten. Und dann setzten auch noch die Wehen ein und Maria bekam ihr Kind. In einem Stall, im Stroh, an einem einsamen Ort, ohne Hilfe von ihren Nahestehenden. Und dann kamen auch noch Hirten, um sich das Neugeborene anzuschauen, denn ihnen hatten Engel von der Geburt berichtet und ihnen mitgeteilt, dass gerade der Retter der Welt, der Messias, der Herr geboren worden wäre. Und so kamen sie, um die große Freude der Engel verstehen zu können. Und dann kamen auch noch Sterndeuter und brachten Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhe und sie warfen sich nieder vor dem Kind, welches in Windeln gewickelt in einer Futterkrippe lag. Und dann, als es endlich ruhig war und sie sich schlafen gelegt hatten, erschien Josef ein Engel und sagte ihm, dass sie fliehen müssen, weil König Herodes das Kind töten lassen wolle, da das Kind der vorhergesagte König der Juden sei. Und so kamen sie nicht zu Ruhe, sondern machten sich noch mitten in der Nacht auf den Weg nach Ägypten, ganz so wie es der Engel ihnen gesagt hatte und warteten dort auf die Nachricht, wann sie endlich wieder zurück in ihre Heimat kommen könnten. Erst als irgendwann der Tag kam, dass Herodes gestorben war, kam der Engel erneut und teilte ihnen mit, dass sie nun wieder zurück nach Israel ziehen sollen und so gingen sie nach einer weiteren Weisung nach Nazareth und ließen sich dort nieder. Es war ein langer, weiter und anstrengender Weg.
Eine heftige Geschichte, gar nicht romantisch und kuschelig, sondern eine schwere Zeit, die Josef, Maria und Jesus zu bestehen hatten. Ganz anders als wir sie uns oft vorstellen, wenn wir in unseren warmen Stuben in der Nähe des Weihnachtsbaumes sitzen und vielleicht auf eine Krippe schauen und dort unter anderem Ochs und Esel stehen sehen und Jesus in einer Futterkrippe liegend und der Stern leuchtet und alles so harmonisch und lieblich aussieht.
Auch unser Weihnachten ist in diesem Jahr nicht kuschelig und lieblich. Auch unser Leben wird von etwas bestimmt, was neu ist, von etwas, was es so noch nie gab. Auch unser Leben wird von Vorgaben bestimmt, die uns nicht immer gefallen. Aber auch wir müssen uns daran halten, auch für uns gibt es keine Ausnahmeregeln. Wir müssen zwar nicht zu Fuß an einen weit entfernten Ort laufen, aber auch wir sind auf uns alleine zurückgeworfen. Wir sind entfernt von unseren uns Nahestehenden. Auch wir sind einsam. Wir wollen nicht alleine sein, aber wir dürfen es momentan nicht anders. Und ganz so wie es auch Maria und Josef taten, so müssen auch wir uns heute an die Vorschriften halten. Auch unser Leben ist bedroht. Bei uns ist es kein Mensch, der uns oder einen unserer Liebsten töten möchte, aber es gibt einen unsichtbaren Feind: das Corona-Virus. Wir müssen nicht in die Ferne fliehen, aber wir müssen uns zurückziehen in die Einsamkeit. Wir müssen alleine bleiben, auch wenn es uns schwerfällt. Auch wir hoffen darauf, dass alles gut wird und warten auf die erlösende Botschaft.
Maria und Josef mit Jesus hätten sich bestimmt auch eine bessere Zeit gewünscht und trotzdem haben sie darauf vertraut, dass alles gut wird. Auch in unserer schweren Zeit sollten wir auf Jesus schauen und auf Maria und Josef und sie zum Vorbild nehmen und erkennen, dass wir an Weihnachten 2020 viel näher an der Geschichte der Geburt Jesu dran sind als in den Jahren zuvor. Dann werden wir verstehen, dass Jesus in unserer Einsamkeit, bei unseren Problemen und bei unseren Ängsten mit uns unterwegs ist, denn er weiß, was dies bedeutet. Wenn wir erkennen, dass Jesus gekommen ist, um uns den Weg zu unserem Heil, zu Gott, unserem Vater frei zu machen, dann wird uns die Bedeutung von Weihnachten besser klar und vielleicht werden auch wir dann den Ruf des Engels hören: „Fürchtet euch nicht!“
Und so behüte und beschütze uns Gott vor allem Übel und schenke uns Einsicht, Kraft und Zuversicht und die Hoffnung darauf, dass all das, was wird, gut wird. Amen.
Ilona Anderegg
