Still, lei­se und unauffällig

Still, lei­se und un­auf­fäl­lig. So be­gann ei­ne gro­ße Ge­schich­te, so be­gann so­gar die größ­te und wich­tigs­te Ge­schich­te für uns Menschen.

Im Dun­keln, im Ein­sa­men, in ei­nem Stall. Das war der Ort, an dem es sich zutrug.

Die An­kün­di­gung er­ging nicht an Ober­häup­ter, nicht an Ge­lehr­te, son­dern an ein­fa­che Menschen.

Es ge­schah nicht schrift­lich, nicht durch gro­ße An­kün­di­gun­gen, son­dern nur für be­stimm­te Men­schen wahrnehmbar.

Hir­ten wa­ren es, die die Stim­me hör­ten, die von der fro­hen Bot­schaft sprach. En­gel wa­ren es, die es ih­nen ver­kün­de­ten. Und die Hir­ten glaub­ten den En­geln und mach­ten sich auf den Weg. Und sie fan­den al­les ge­nau so vor, wie ih­nen die En­gel ge­sagt hatten.

Wie wür­de es uns heu­te ergehen?

Stel­len Sie sich vor, sie wä­ren im Dun­keln zu Fuß un­ter­wegs und auf ein­mal hö­ren Sie ei­ne Stim­me, die zu Ih­nen spricht. Sie se­hen sich um, kön­nen aber kei­nen Men­schen se­hen. Auch von Ih­rem Han­dy ist die Nach­richt nicht ge­kom­men. Ge­ra­de als Sie sich den­ken, dass Sie sich das al­les nur ein­ge­bil­det ha­ben, wer­den Sie er­neut an­ge­spro­chen und Sie mer­ken, die Stim­me kommt von oben. Egal, ob Sie nun et­was se­hen oder nicht, Sie hö­ren die­se Stim­me und sie ist laut und ein­deu­tig. Sie sagt Ih­nen, dass Sie sich auf den Weg zu ei­nem ge­nau be­schrie­be­nen Ort ma­chen sol­len, um dort ei­ne be­son­de­re Si­tua­ti­on vor­zu­fin­den. Sie sagt Ih­nen, dass dort der Ret­ter der Welt zu fin­den sein wird und es sehr wich­tig für die Mensch­heit sei, dass Sie sich dort hin­be­ge­ben. Was wür­den Sie tun?

Wür­den Sie sich auf den Weg ma­chen? Oder wür­den Sie schnells­tens die dunk­le Ge­gend ver­las­sen? Oder wür­den Sie an Ih­rem Geis­tes­zu­stand zwei­feln und dar­über schweigen?

In un­se­rer heu­ti­gen Zeit, wo häu­fig nur noch das ge­glaubt wird, was man selbst ge­se­hen hat oder ei­nem die Wis­sen­schaft sagt, wür­de man an Stim­men aus dem Him­mel wohl eher nicht glau­ben. Doch das ist tra­gisch. Denn auch heu­te ist Gott noch er­fahr­bar und auch hör­bar. Und auch En­gel, al­so Bo­ten von Gott gibt es heu­te noch. Da­her ist es wich­tig, sen­si­bel zu wer­den für die lei­sen und un­auf­fäl­li­gen Din­ge, die um uns her­um ge­sche­hen und für die Stim­me, die uns öf­ter er­rei­chen und uns auf un­se­rem Weg hilf­reich zur Sei­te ste­hen will und sich öff­nen für Gott, für Ihn an­sprech­bar sein, auf sei­ne Si­gna­le oder Bo­ten ach­ten, die manch­mal un­ver­hofft, still und lei­se zu uns kom­men und nicht gleich zwei­feln, nur weil es nicht ins heu­ti­ge Welt­bild passt.

Gut, dass die Hir­ten nicht ge­zwei­felt ha­ben, als sie die Stim­me des En­gels hör­ten. Gut, dass sie sich auf den Weg ge­macht ha­ben, um Je­sus, un­se­ren Ret­ter zu fin­den. Ihn, der still, lei­se und un­auf­fäl­lig in ei­nem Stall zur Welt kam, in ei­ner Krip­pe lag und auf uns war­te­te und war­tet. An ihn sol­len wir an Weih­nach­ten den­ken, ihn be­schen­ken, so wie es auch da­mals die Wei­sen aus dem Mor­gen­land ta­ten. Sie brach­ten ihm die teu­ers­ten Ge­schen­ke: Gold, Weih­rauch und Myr­rhe. Und wir? Was sol­len wir ihm kost­ba­res schenken?

Je­sus möch­te kein Gold von uns, auch kein Geld. Das, was er sich von uns wünscht, ist, dass wir uns selbst ihm schen­ken. Dass wir uns ganz hin­ge­ben an IHN, an IHN, der uns ret­ten und auf den rech­ten Weg lei­ten will. Auf den Weg zu un­se­rem himm­li­schen Va­ter, auf den Weg zu Gott.

Je­sus ist es, durch den das Licht in die Welt kam, da­mit wir nicht im Dun­keln sit­zen. Sein Licht ist es, das un­se­re in­ne­re Fins­ter­nis ver­treibt und in uns ei­nen tie­fen Frie­den ein­zie­hen lässt. Er­in­nern wir uns dar­an, wenn wir an Weih­nach­ten durch hell er­leuch­te­te Stra­ßen lau­fen oder in ge­schmück­ten Räu­men sind. Je­sus kam auf die Er­de, um uns zu ret­ten. Er weist uns den rech­ten Weg, hö­ren wir auf sei­ne Stim­me, fol­gen wir ihm nach. Amen.

Ilo­na An­der­egg, Weih­nach­ten 2016

Weg­werf­ge­sell­schaft

Nach lan­gen Ta­gen des Aus­mis­tens der Woh­nung und kal­ten Wo­chen­en­den auf dem Spei­cher ka­men zum Mus­kel­ka­ter (vom He­ben der schwe­ren Kis­ten und Bü­cher) noch ei­ni­ge Blut­ergüs­se hin­zu und ei­gent­lich soll­te dann auch die Bro­cki kom­men, die wir für den nächs­ten Frei­tag be­stellt hatten.

Ei­ne Wo­che vor dem ge­wünsch­ten Ab­hol­ter­min für un­se­re über­zäh­li­gen und dop­pel­ten Ge­gen­stän­de und Bü­cher mach­ten wir den Ter­min aus. Die­ser fes­te Ter­min führ­te dann da­zu, sich noch mehr ins Zeug zu le­gen, da­mit auch al­les bis zum Ter­min fer­tig aus­ge­räumt wäre.

Vol­ler Vor­freu­de, dass wir nun bald wie­der mehr Platz in der Woh­nung, auf dem Spei­cher und im Kel­ler ha­ben wür­den, er­war­te­ten wir den Wa­gen der Bro­cki – aber er kam nicht. Beim Nach­fra­gen kam her­aus, dass un­ser Na­me gar nicht im Ka­len­der ver­merkt war. Nach meh­re­ren Te­le­fo­na­ten wur­de uns ge­sagt, dass ein Wa­gen bald zu uns kä­me. Kur­ze Zeit spä­ter kam ein Mann, der der Chef sein soll­te (laut An­ruf vom Fah­rer des Klein­las­ters, der sich auch noch mel­de­te). Der an­geb­li­che Chef er­klär­te mei­nem Mann, dass sie die Bü­cher gut ge­brau­chen könn­ten, den Rest man aber ent­sor­gen müss­te – das wür­de uns 300,00 Fran­ken kos­ten. Wie bit­te? Wir wol­len gut er­hal­te­ne Ge­gen­stän­de ver­schen­ken und sol­len nun zah­len? Nein, das kann nicht sein. Auf Drän­gen (wir be­nö­tig­ten den Platz) nahm er dann we­nigs­tens das Bett mit, liess uns al­ler­dings die Ma­trat­zen zu­rück, die jetzt im­mer noch im Weg rum ste­hen 🙁  Da sie nun kei­ne Zeit hät­ten, sie hät­ten halt noch vier Ter­mi­ne, könn­ten sie jetzt nichts wei­te­res mit­neh­men. Sie kä­men dann aber in ei­ner Wo­che er­neut zu uns. Die ge­nann­ten 300,00 Fran­ken wä­ren üb­ri­gens erst ei­ne Schät­zung, es müss­te al­les noch ein­mal ge­nau an­ge­se­hen wer­den, es könn­te auch noch teu­rer wer­den. Die­ser Chef war sehr un­freund­lich und trat auch laut und mas­siv auf. Aus­ser­dem be­haup­te­te er, dass wir den Ter­min (den er ja ver­ges­sen hat­te – aber es nicht zu­gab) gar nicht schon vor ei­ner Wo­che mit ihm aus­ge­macht hät­ten. Es war ei­ne sehr un­an­ge­neh­me Erfahrung.

So frag­ten wir bei ei­ner an­de­ren Bro­cki an, ob sie Zeit und In­ter­es­se an un­se­ren Bü­chern und Haus­halts­ge­gen­stän­den hät­ten. Ein Mann kam zum Be­sich­ti­gen und sag­te, dass es uns 650,00 Fran­ken kos­ten wür­de. Es müss­te al­les ent­sorgt wer­den, auch die Bü­cher. Wenn wir ei­ne Mul­de be­stel­len wür­den, wür­de es uns 800,00 Fran­ken kos­ten, da­her wä­re er ja bil­li­ger. Wir lies­sen ihn wie­der fahren.

Aber hal­lo – wo le­ben wir denn?
Wir hat­ten Schrän­ke, or­dent­li­ches gut er­hal­te­nes Ge­schirr, Töp­fe, Be­steck, Glä­ser, ei­nen Mas­siv­holz­tisch, ein Re­gal, Lam­pen, Tup­per­schüs­seln, Spie­le, Plüsch­tie­re und und und – und über 1.000 Bü­cher. Und das al­les soll ent­sorgt wer­den, ob­wohl es gut er­hal­ten ist?
Es hat mich ei­ni­ge Trä­nen ge­kos­tet zu er­fah­ren, dass nie­mand mehr so et­was ha­ben möch­te, son­dern dass es im­mer al­les neu sein muss. War­um gibt es kei­ne Mög­lich­keit Ge­brauchs­ge­gen­stän­de wei­ter zu be­nut­zen? Wir woll­ten sie ja nur weg­ge­ben, weil wir vie­les dop­pelt hat­ten, da wir ja zwei Haus­hal­te zu­sam­men­ge­legt hatten.
Zum Glück fiel mir ein gu­ter Freund ein, der vie­le Men­schen kennt und die­sen auch hilft. Ein An­ruf und ei­ne hal­be Stun­de spä­ter war er da und pack­te sein Au­to voll. Er freu­te sich, dass er die Ge­gen­stän­de mit­neh­men konn­te, von de­nen er wuss­te, dass er sie wei­ter­ge­ben kann. Ei­nen Tag spä­ter er­fuh­ren wir, dass un­se­re Ge­gen­stän­de den Weg zu ei­ner Gross­fa­mi­lie ge­fun­den ha­ben und die­se sich rie­sig dar­über freu­te und uns vie­le dank­ba­re Grüs­se aus­rich­ten liess. Das tut gut – zu wis­sen, je­man­dem et­was Gu­tes ge­tan zu haben.
Den Rest ha­ben wir nun aus­ein­an­der ge­nom­men, zer­legt und ord­nungs­ge­mäss müll­tech­nisch getrennt.
Al­te Ski und Ski­stö­cke ha­ben wir ins Sport­ge­schäft ge­bracht und wur­den dort gra­tis zu­rück­ge­nom­men. Glä­ser in den Glas­con­tai­ner, Me­tall zum Con­tai­ner, Elek­tro­ge­gen­stän­de zu­rück ins Ge­schäft. In die­sem Zu­sam­men­hang ha­ben wir dann gleich auch noch Ver­pa­ckungs­ma­te­ri­al, Sty­ro­por und Klei­der­bü­gel und und und ins Ein­kaufs­zen­trum zum Ent­sor­gen ge­bracht. Das war ein Akt, denn so oh­ne Au­to ist das al­les sehr schwie­rig. Aber mit gu­ter Or­ga­ni­sa­ti­on ist fast al­les zu schaf­fen. Nun kom­men noch die gros­sen Ge­gen­stän­de (z. B. die Ma­trat­zen) zum Müll und Woll­de­cken, Bett­de­cken und Ta­schen zur Alt­klei­der­samm­lung. Dann blei­ben nur noch die Schrän­ke, die noch aus­ein­an­der­ge­nom­men wer­den müs­sen – aber das ist jetzt auch noch zu schaffen :-).
Un­se­re Ei­gen­ent­sor­gung be­läuft sich mo­men­tan auf ei­nen Be­trag von un­ter 40,00 Fran­ken. Wenn wir noch die Schrän­ke be­rech­nen, dann kom­men wir ins­ge­samt wohl auf ins­ge­samt 70,00 Fran­ken. Das ist doch schon ein rie­si­ger Unterschied.

Ach ja, die Bü­cher, die ha­ben wir noch ab­ho­len las­sen von ei­nem Ehe­paar, das die Bü­cher wei­ter­ver­kauft (zwar nicht für ei­nen gu­ten Zweck, son­dern für ih­ren ei­ge­nen Geld­beu­tel), aber so sind die Bü­cher we­nigs­tens nicht im Pa­pier­müll ge­lan­det – es wa­ren dann üb­ri­gens um die 1.500 Bü­cher. Die Ab­ho­ler muss­ten zwei Mal fah­ren ;-)))). Der un­freund­li­chen Bro­cki ha­ben wir dann ab­ge­sagt, ir­gend­wie schie­nen sie nun doch et­was trau­rig zu sein – viel­leicht, weil ih­nen die Bü­cher ent­gan­gen sind, die sie ja hät­ten ge­brau­chen können?

Fa­zit: Ich bin ent­setzt dar­über, in was für ei­ner Ge­sell­schaft wir le­ben. Geht es uns al­len zu gut? War­um kön­nen gut er­hal­te­ne Ge­gen­stän­de nicht wei­ter­ver­wen­det wer­den? War­um muss al­les neu ge­kauft wer­den? Ich dach­te, es gibt auch Ar­mut in der Schweiz? Wo sind die Men­schen, die sich freu­en über ge­schenk­te Mö­bel oder sons­ti­ge Ge­gen­stän­de, die ja kei­nes­wegs alt und un­an­sehn­lich wa­ren? Ich ha­be z. B. mein gu­tes Eschen­bach-Por­zel­lan ab­ge­ge­ben, wel­ches auch sehr edel aus­sah. Wo kann man noch hel­fen mit die­sen Din­gen? Ist die Aus­sa­ge wahr, dass selbst Asy­lan­ten nur neue Ge­gen­stän­de wol­len und sich nicht mit Ge­brauch­tem ab­ge­ben? Ich kann das ir­gend­wie nicht glau­ben und bin im­mer noch dar­über geschockt.

Wir le­ben in ei­ner Weg­werf­ge­sell­schaft, al­les muss neu sein, al­les wird ent­sorgt. Und wo lan­det dann der gan­ze „Müll“? In Afri­ka? In den Welt­mee­ren? Wird der Müll dann an­ge­zün­det und die Luft ver­pes­tet, wird noch mehr Plas­tik die Ge­wäs­ser ver­un­rei­ni­gen? Wir soll­ten wie­der Ge­gen­stän­de bau­en, die ei­ne lan­ge Le­bens­dau­er ha­ben. Mö­bel, die qua­li­ta­tiv hoch­wer­tig sind, aber auch be­zahl­bar. Es soll­te Ma­te­ri­al ver­wen­det wer­den, wel­ches re­cy­cel­bar ist. Wir sol­len Elek­tro­ge­rä­te wie­der re­pa­rie­ren, statt zu ent­sor­gen und neu anzuschaffen.

Wie geht das bloss wei­ter – was muss noch pas­sie­ren, da­mit wir auf­wa­chen und uns auf das We­sent­li­che kon­zen­trie­ren? Wann den­ken wir end­lich an un­se­re Um­welt und an un­se­re Mit­men­schen, de­nen wir hel­fen könn­ten – viel­leicht auch durch ein paar Haus­halts­ge­gen­stän­de? Wann hö­ren wir da­mit auf, im­mer mehr Bil­lig­kram her­zu­stel­len und da­mit Un­men­gen an Müll zu pro­du­zie­ren? Wann den­ken wir end­lich nach­hal­tig, auch im Be­reich Mö­bel oder sons­ti­gen Ge­gen­stän­den? Wann wird das Re­pa­rie­ren wie­der wich­ti­ger als das Wegwerfen?

Weg mit der Weg­werf­ge­sell­schaft – hin zur Er­hal­tungs­ge­sell­schaft. Er­hal­tung der Gü­ter, Er­hal­tung der Na­tur und der Welt – oh­ne die es kein Le­ben gibt.