Gast­freund­schaft

Ges­tern (Sonn­tag) fuhr ich mit mei­nem Mann zu ei­ner uns un­be­kann­ten Kir­che in der Nä­he un­se­res Wohn­or­tes. Wir woll­ten die­se besichtigen.

Als wir dort an­ka­men, be­merk­ten wir durch die leicht of­fen ste­hen­de Tür, dass sich noch ei­ni­ge Per­so­nen im Ein­gangs­be­reich der Kir­che auf­hiel­ten. Zu­erst zö­ger­ten wir kurz, aber dann gin­gen wir auf die Kir­che zu. Es war kurz nach zwölf Uhr mit­tags, da­her konn­te es sich nicht mehr um ei­nen Got­tes­dienst han­deln, wir wür­den al­so nicht stö­ren. Als wir nä­her ka­men, sa­hen wir, dass es sich um ei­nen Kir­chen­kaf­fee (al­so den Kaf­fee nach dem Got­tes­dienst) han­del­te, den es in ei­ni­ge Ge­mein­den gibt. Wir gin­gen zur Tür und tra­ten ein. Die Men­schen sa­hen uns an und lie­ßen uns wort­los durch, so dass wir den Kir­chen­raum be­tre­ten konnten.

Es war ei­ne sehr in­ter­es­san­te Kir­che und ob­wohl sie ein­mal zer­stört wor­den war, gab es noch ei­ne al­te, schö­ne Wand­ma­le­rei. Auch die At­mo­sphä­re ge­fiel mir sehr gut. Wir gin­gen durch die Kir­che, blie­ben im­mer wie­der ste­hen und schau­ten uns um. Da­bei wur­den wir von den un­ter­schied­li­chen Men­schen be­ob­ach­tet, die sich dort an ver­schie­de­nen Or­ten auf­hiel­ten. Wir stan­den so­gar ein­mal di­rekt ne­ben ein paar von ih­nen, so dicht, dass wir ih­re Ge­sprä­che hö­ren konn­ten. Aber au­ßer uns selt­sam an­zu­schau­en, ge­schah nichts. Da­bei hat­te ich ge­hört, dass die­se Kirch­ge­mein­de sehr le­ben­dig und ein­la­dend sei. Ich fühl­te mich al­ler­dings nicht ein­ge­la­den, son­dern eher wie ein Son­der­ling, mit dem man nichts an­fan­gen kann, wo man sich fragt, wie es sein kann, dass sich ein Mensch ein­fach so in der Kir­che um­schaut, ein­fach so in „ih­rem“ Ge­bäu­de herumgeht?

Ich hät­te mich sehr über ein „Gu­ten Tag“ oder ein „Hal­lo“ ge­freut. Oder auch über ein paar In­fos über das Kir­chen­ge­bäu­de und/oder über ei­ne Ein­la­dung zum nächs­ten Got­tes­dienst oder zu ei­ner an­de­ren Ver­an­stal­tung ih­rer Ge­mein­de. Von der Freu­de über ei­ne Ein­la­dung zu ei­ner Tas­se Kaf­fee will ich hier ja gar nicht schreiben.

Und wie­der ist sie da, mei­ne üb­li­che Fra­ge: „Wo bleibt die Gast­freund­schaft?“ Und wo sind die Men­schen, die an­de­re Men­schen zu Je­sus füh­ren möch­ten? Wo sind die gläu­bi­gen Men­schen, die da­für bren­nen, die fro­he Bot­schaft wei­ter­zu­ge­ben? War­um bleibt man lie­ber un­ter­ein­an­der und re­det wei­ter und „wirft“ uns nur ko­mi­sche Bli­cke zu, statt ei­nen Frem­den als Chan­ce zu sehen?

In der Kir­che wird über Gast­freund­schaft ge­re­det und ge­pre­digt. Doch es bleibt bei Wor­ten, statt bei Taten.

Je­sus sprach: „Ich war fremd und ihr habt mich bei euch auf­ge­nom­men“ (Mt, 25,35b) Wür­de Je­sus heu­te noch aufgenommen?